Haiku Fett


Herbert Gerke

 

Was ist Haiku?

 

Große Wissende, vielleicht besser "alte" Wissende haben sich unendlich oft darüber Gedanken gemacht. Ihrer Ansicht nach ist das japanische Kurzgedicht folgendes:

 

Bei Haiku handelt es sich um Kurzgedichte, die einer

Jahrhunderte bestehenden japanischen Tradition entstammen. Diese Lyrikart wurde aus Gemeinschaftsdichtungen mehrerer Teilnehmer, quasi als Teamwork abgeleitet.

 

Ursprünglich bestanden die japanischen Haiku aus jeweils drei Teilen mit 5, 7 und wiederum 5 Silben oder korrekt Moren.

In ähnlicher Weise wurde in Europa verfahren, als dort die Haiku-Dichtung an Bekanntheit gewann.

 

Das krampfhafte Festhalten an abgezählten Silben hat dazu geführt, dass jeder, der überhaupt zählen kann, heutzutage meint, er schreibe Haiku. Das ist selbstverständlich Blödsinn und hat mit guter Kurzlyrik nichts zu tun. Überdies sind Silben in unserem Sprachraum in keiner Weise mit japanischer Wortstrukturierung vergleichbar. Moderne, aufgeschlossene Haiku-Dichter werfen derartige Regeln permanent über Bord.

 

Gleiches gilt für die inhaltlichen Dogmen, die beispielsweise mit dem Vorhängeschloss des Jahreszeitenwortes die dichterische Freiheit einzukerkern versuchen.

Wirklich wichtig stattdessen sind klare, konkrete Aussagen und ein realer Bezug zum Heute.

 

Außerdem sollen Haiku offen bleiben, damit die Leser aus ihrer Phantasie heraus Bilder erzeugen oder vervollständigen können. Daher ist oft die Interpretation des Dichters irrelevant angesichts verschiedenster Haiku-Erlebnisse der fremden Betrachter. Entstehen diese Außenbilder so spricht man von - möglicherweise einem geglückten - Nachhall, dem angestrebten Haiku-Moment.

Dabei möchte ich es belassen. Tanka, Haiga, Renku und all die anderen mögen es mir verzeihen - du, liebe Leserin, lieber Leser, magst es vielleicht nachschlagen oder einfach nur im Stillen genießen.

 


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